150 Jahre Egolf Verpackungs AG

Von der Exportkiste zum «Sorglos-Paket»

Einst Stoffe, heute Maschinen – seit 1875 schützen Verpackungen der Egolf Verpackungs AG Exportgüter der Schweizer Industrie auf ihrem Weg in die Ferne.

Wie hat sich die Firma seit ihrer Gründung ent­wickelt? Worauf kommt es heute an im Geschäft mit Export-Verpackungen?

Ein Rück-, Ein- und Ausblick zum 150jährigen Jubiläum, das am 12. Juni offiziell gefeiert wurde.

Bilder: Egolf

Sie sind eine Seltenheit. Unternehmen, die sich 150 Jahre im Markt behaupten. Die Egolf Verpackungs AG in Zürich-Altstetten gehört dazu. Geschäftsführer Marco Deplazes hat dafür eine einfache Erklärung: «Genau zuhören, was die Kunden brauchen und dann genau das liefern. Unsere Firma ist seit 150 Jahren erfolgreich, weil wir uns genauso an dieses Rezept halten wie unsere Vorgänger.» Der erste in dieser Reihe war Jaques Egolf. Seine 1875 erstmals erwähnte Firma beschäftigte 10 Personen und war auf «Kistenfabricationen, Emballeurs und Ballenbinderei» spezialisiert. Damit traf er den Bedarf der damals wichtigen Zürcher Textilindustrie, deren Tuche, in Holzkisten oder in Ballen gebunden, an Kunden in der ganzen Welt gingen. Die Zürcher Textilindustrie ist Geschichte. Erfolg auf Export­märkten haben jetzt andere Industrien mit anderen Pro­dukten und anderen Produktionsstandorten, zum Beispiel die Maschinenindustrie. Auf diese richtete sich Egolf bereits in den 1930er Jahren aus und lieferte unter ­anderem Export-Verpackungen an den bekannten Zürcher Maschi­nen- bauer Escher Wyss.

Dort sein, wo die Kunden sind

Aus der Maschinenindustrie stammen nach wie vor die meis­ten Kunden. Deren Produktionsstätten liegen längst nicht mehr in Innenstädten, wie noch Mitte des letzten Jahr­hunderts. Mit ihren Kunden verliess auch Egolf das Stadt­zen­trum und zog 1957 in die Peripherie nach Zürich-­Altstetten. Jakob Egolf, Firmeninhaber in 4. Generation, er­warb dort Land in unmittelbarer Bahnhofsnähe an der Vulkanstrasse und liess es mit neuen Betriebsgebäuden bebauen. Ab 1985 wurden zusätzlich verschiedene, weiter entfernte Standorte genutzt. Teilweise wurden dabei Verpackungsabteilungen grosser Kunden übernommen und in deren Betriebsgebäuden weiter­geführt. Entscheidend dafür war nicht nur die grössere Nähe und gute Erreichbarkeit, sondern auch der wachsende Platzbedarf. Heute hat Egolf drei Standorte. Der Hauptsitz ist in Zürich-­Altstetten. Hier hat die Firma ihre ­Verpackungsaktivitäten konzentriert. Am ­Standort Würenlos, der im Jahr 2006 eröffnet wurde, sind die Verkaufs- und Handelsaktivitäten gebündelt. Der dritte Standort befindet sich im ehemaligen ABB-Industriepark in Kleindöttingen und wurde 2012 bezogen. Dort hat die Firma grosse Hallenflächen gemietet, die vor allem für Lagerhaltung von Kundenprodukten genutzt werden.

Neue Geschäftsfelder

Doch nicht nur die Standorte haben sich geändert. «Zum Teil sind wir noch Emballeur und Kistenbauer wie seit ­150 Jahren. Aber das Geschäft ist nicht mehr vergleichbar. Wir haben uns zum Industrie- und Export­verpacker entwickelt, für den das klassische Emballeur-Geschäft heute ein Standbein von mehreren ist», sagt Deplazes. Vor allem ab den 1980er Jahren veränderte sich die Tätigkeit deutlich. In dieser Zeit expandierte die Firma unter anderem in das Geschäft mit Standardverpackungen, baute breites Know-how im Korrosionsschutz und in der Transport­überwachung auf. Zudem wurden vermehrt zusätzliche logistische Dienstleistungen angeboten, zum Beispiel in Lagerhaltung und Transport.

Standardverpackungen nach Mass

Heute steht das Geschäft mit Standardverpackungen gleichberechtigt neben den mit den klassischen, individuell ­gefertigten Transportverpackungen. Wobei der Begriff Standardverpackungen zu kurz greift. Egolf liefert vielmehr Standardverpackungen nach Mass. Mit dem ­jeweiligen Kunden wird zunächst ermittelt, welche Verpackungen und Verpackungsmaterialien für den jeweiligen Transportzweck und Destination erforderlich sind. Ziel ist, Überverpackung zu vermeiden und so Kosten und Umweltbelastungen zu minimieren. Das reicht von klassischen Holzkisten über Verpackungen aus Wellpappe bis zu Verpackungen mit komplexen Polstereinlagen. Kundenspezifische Standardverpackungen sind heute ein Hauptgeschäftszweig. Eine Entwicklung, die Deplazes nicht überrascht: «Wenn Kunden selbst Standardverpackungen einkaufen, resultiert häufig Überverpackung. Auch bei Standardverpackungen ist wichtig, dass diese optimal aufs Produkt und die Destination angepasst sind. Bei uns gehört diese Beratung zur Beschaffung von Standardver­packungen dazu.»

Kundig im Korrosionsschutz

Doch nicht nur der Kostendruck stieg in den 1980er Jahren, auch die Anforderungen an die Verpackungen und ans Verpacken selbst. Zusätzliches Know-how wurde not­wendig. Egolf baute dieses auf, zum Beispiel im Korrosionsschutz, der Transport-Überwachung und bei Gefahrgut-Verpackungen. Beim Korrosionsschutz setzte die Firma ­bereits früh auf das VCI-Verfahren (Volatile ­Corrosion Inhibitor). VCI verhindern, dass metallische Oberflächen oxidieren oder anlaufen. Das VCI-Verfahren setzte sich ab den 1990er Jahren immer mehr durch. Egolf gehörte in der Schweiz zu den Pionieren und bietet heute eine breite Range von VCI-Produkten an. Verwendet werden VCI-Produkte der marktführenden Produzentin Cortec. Je nach Packgut, Transportdauer und ­Destination kommen zwei weitere Schutzverfahren zum Einsatz: das Trocken­mittelverfahren und das Schrumpfen. Beim Trockenmittel­verfahren wird das Packgut unter Zugabe von Trockenmitteln in Folien eingeschweisst. Beim Schrumpfverfahren wird eine spezielle Folie erwärmt und so form­schlüssig an das Packgut ange­schrumpft. Mit diesem Verfahren lassen sich gross­formatige Produkte ­schützen, zum Beispiel Kabinen von Gondelbah­nen oder ganze Bahnwagen. Die Anforderung, Transporte besser zu überwachen und dies auch zu ­dokumentieren, hat vor allem Versicherungsgründe. Mit Überwachungsindikatoren und Datenloggern für Feuchtigkeit, Temperatur und Stossbelastung stellt die Egolf sicher, dass Handhabung und Belastung beim Transport ­dokumentiert werden. Hoch sind auch die Anforderungen bei Gefahrgutverpa­­ckungen. Die dafür massgeblichen Vorschriften wie zum Beispiel IATA-DGR, IMDG-Code oder Packing Instruction, ändern sich fast jährlich. Welche Vorschriften für Gefahr­gutverpackungen jeweils gültig sind, wissen die dafür geschulten Mitarbeiter und sorgen mit darauf abgestimmten Verpackungen dafür, dass diese eingehalten werden.

Gut vorbereitet auf PPWR

Noch mehr Know-how-Bedarf brachte aktuell die europäische Verpackungsverordnung Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR). Die PPWR ist seit dem 11. Februar 2025 in Kraft und wird am 12. August 2026 verbindlich. Ihr Ziel: weniger Ressourcenverbrauch, weniger ­Verpackungsabfälle, weniger negative Umweltauswirkungen von Verpackungen. Die Regeln sind komplex, Verstösse werden schnell teuer. Deplazes hat eine beruhigende Botschaft: «Wir haben uns seit längerem auf die PPWR vorbereitet und können gewähr­leisten, dass unsere Verpackungen regelkonform sind.»

Das Egolf-Kader um Geschäftsführer Marco Deplazes (2. v. l.): Marc Weibel, Rolf Bodmer, Oscar Iglesias und Rainer Laucke.

Wissen, was wichtig wird

Aufgebaut wurde das Know-how zunächst durch Mitarbeit in Gremien, in denen diese Regeln mitgestaltet wurden, wie der Verband der schweizerischen Holzverpackungsindustrie VHPI und die europäische Paletten-­Organisation EPAL. Deplazes ist seit 2015 als Vorstandsmitglied in ­beiden Organisationen ehrenamtlich tätig. «Unser so aufgebautes Wissen zu PPWR ist bei Kunden sehr willkommen, denn diese wissen häufig nicht, was sie erfüllen müssen.» Für die praktische Umsetzung der Regeln sorgt die Egolf mithilfe einer neuen Unternehmenssoftware. Diese ist auf die Anforderungen ausgelegt, die durch die PPWR zu­sätz­lich entstehen. In dieser Software werden die Spezifi­ka­tionen jeder Verpackung hinterlegt, die die Firma liefert. Die Spezifikationen sind online über QR-Codes abrufbar, die auf Lieferschein, Produkt und Verpackung aufgedruckt sind. Die regelkonforme Materialzusammensetzung der Verpackung lässt sich so jederzeit nachweisen. Das Beispiel PPWR zeigt für Deplazes, worauf es im Geschäft der Exportverpacker immer mehr ankommt: «Wir müssen früh erkennen, wie sich die Anforderungen an Exportver­packungen technisch, organisatorisch und regulatorisch ändern, damit wir rechtzeitig die passenden Lösungen anbieten können.» Er hat beobachtet, dass sich die produzierenden Firmen auf Kundenseite schon seit längerem auf ihr Stammgeschäft konzentrieren und auslagern, was nicht dazu gehört. Diese Firmen erwarten von ihren Dienst­leistern, dass diese ihnen von selbst Lösungen anbieten, wenn sich die Anforderungen ändern. Das gilt nach ­seiner Erfahrung auch für Firmen, die massgeschneiderte Stan­dardverpackungen beziehen und selbst verpacken. «Die Erwartungen gehen weit über die eigentliche Verpackungs­lieferung hinaus. Umfangreiche Beratung gehört für uns deshalb dazu. Weitere Dienstleistungen, zum ­Beispiel ­Schulungen, kommen je nach Bedarf dazu. Kurz gesagt geht es darum, nicht einfach eine Verpackung zu ­liefern, sondern jedem Kunden ein ‘Rundum-Sorglos-Paket’ zu bieten, das neben der Hardware, der Verpackung, auch die Software umfasst, das heisst Dienstleistung und Beratung.»