Digitale Transparenz in der Verpackungsindustrie

Wie der digitale Produktpass die Branche beeinflussen kann

Was, wenn jede Verpackung erzählen könnte, woher sie kommt, woraus sie besteht und wie sie entsorgt werden soll? Ganz so weit sind wir zwar noch nicht, doch neue digitale Ansätze wie der digitale Produktpass (DPP) oder der verpflichtende QR-Code für bestimmte Mehrweg­verpackungen bringen frischen Wind in die Diskussion rund um Trans­parenz, Rückverfolgbarkeit und Kreislaufwirtschaft.

Bild: GS1 Switzerland

Angesichts des Klimawandels und knapper Ressourcen steigen die Erwartungen an eine nachhaltige Wirtschaft. Auch in der Verpackungsindustrie wächst der Druck, umwelt- und ressourcenschonende Lösungen zu entwickeln. Gleichzeitig verlangt der Markt nach mehr Transparenz entlang der Lieferkette: Herkunft, Materialzusammensetzung und Recyclingmöglichkeiten sollen nachvollziehbar sein. Diese Entwicklung spiegelt sich auch auf politischer Ebene wider: Nachhaltigkeit und Transparenz stehen im Zentrum neuer EU-Regulierungen. Gefordert werden digitale Lösungen, die verbesserte Rückverfolgbarkeit ermöglichen und gleichzeitig die Kreislaufwirtschaft fördern.

Der digitale Produktpass als Schlüssel

Ein Lösungsansatz ist der digitale Produktpass (DPP), entwickelt im Rahmen des European Green Deals. In Verbindung mit der revidierten Ökodesign-Verordnung (engl. Ecodesign for Sustain­able Products Regulation; ESPR) soll er ab 2027 schritt­weise für verschiedene Produkt- und Rohstoffkategorien eingeführt werden. Dazu zählen Materialien wie Stahl oder Aluminium, wobei letzteres häufig in Verpackungen verwendet wird. Ver­packungen selbst fallen jedoch nicht unmittelbar in den Anwendungsbereich des DPP. Demgegenüber bringt die neue EU-Verordnung über Verpackun­gen und Verpackungsabfälle (Packaging and Packaging Waste Regulation, PPWR), die am 11. Februar 2025 in Kraft getreten ist, konkrete Neuerungen für Verpackungen mit sich: Bestimmte Mehrwegverpackungen müssen künftig verpflichtend mit einem QR-Code versehen werden. Dieser soll auf Informationen wie Wiederverwendung oder Rückgabe­möglichkeiten verweisen. Kommt ein Produkt, das einen DPP benötigt, in einer Mehrwergverpackung auf den Markt, dürfen die Informationen zur Verpackung direkt im DPP des Produkts integriert werden. Ein separater QR-Code ist in diesem Fall nicht erforderlich. Diese Neuerung ist auch für Schweizer Unter­nehmen von Bedeutung, sobald diese Produkte in den EU-Raum exportieren.

Transparenz gewinnt weiter an Bedeutung

Dennoch zeichnet sich auch in der Verpackungsindustrie ab, dass die Anforderungen an Transparenz steigen werden. So plant die EU aktuell eine Studie zu relevanten Chemikalien wie Poly­meren und Kunststoffen. Ziel ist es, delegierte Rechtsakte zur Verbesserung von Materialzusammensetzung, chemischer Sicherheit und Recyclingfähigkeit vorzubereiten. Diese Entwicklungen könnten direkten Einfluss auf Verpackungs­materialien haben und die Anforderungen an die digitale Rückverfolgbarkeit weiter erhöhen.

Globale Standards als Grundlage

Damit diese digitalen Informationen – ob im DPP oder bei Mehr­wegverpackungen über einen QR-Code – grenzüber­schreitend nutzbar sind, braucht es eine gemeinsame Sprache in Form von Standards. Die globale Standardisierungsorganisation GS1, bekannt für den «Beep» an der Kasse beim Scannen des Barcodes, stellt diese Grundlage bereit. Mit Standards wie der Global Trade Item Number (GTIN) oder dem GS1 Digital Link können Informationen eindeutig zugeordnet und maschinen­lesbar verarbeitet werden. So erhalten alle Akteure in der Lieferkette Zugriff auf verlässliche Daten.

Chancen für die Verpackungsindustrie

Zugänglich gemacht werden diese Informationen meist über einen QR-Code. GS1 bietet dazu eine flexible Lösung: den QR-Code in Kombination mit dem GS1 Digital Link. Dieser Weblink ver­weist auf eine digitale Produktseite, auf der alle relevanten Informationen gespeichert werden können. Der grosse Vorteil: Der Datensatz kann je nach Nutzer – ob Endverbrauchende oder Recycler – die passenden Informationen anzeigen. Für die Schweizer Verpackungsindustrie ergeben sich daraus neue Potenziale. Zwar gibt es aktuell keine DPP-Pflicht für Verpackungen. Mehrwegverpackungen müssen aber künftig, sofern sie in der EU auf den Markt gebracht ­werden, digital nachvollziehbar sein. Zudem ­profitieren Verpackungs­unter­nehmen, die verpackte Produkte mit einem DPP anbieten, von einer höheren Transparenz und opti­mierten Rückver­folgbarkeit. Globale Standards unterstüt­­zen dabei, regula­torische Anforderungen effizient umzusetzen und neue zirkuläre Geschäftsmodelle zu etablieren.